Die Luran-Formmassen können auf allen handelsüblichen Spritzgießmaschinen verarbeitet werden. Aufgrund ihrer amorphen Struktur haben sie einen breiten Verarbeitungsbereich, eine gute thermische Verarbeitungsstabilität und eine geringe Schwindung. Fertigteile aus Luran weisen daher eine geringe Verzugsneigung auf.
Spritzeinheit
Schneckengeometrie
Um optimale Produkteigenschaften zu erzielen, muss die Plastifiziereinheit die Schmelze in zeitlicher und örtlicher Hinsicht möglichst gleichmäßig und ideal bereitstellen. Zur Verarbeitung von Luran haben sich flachgeschnittene Dreizonenschnecken bewährt, die an der Schneckenspitze mit einer Rückströmsperre ausgestattet sind (siehe Abb. 19). Die Gesamtlänge dieser Schnecken beträgt 18-22 D (Länge bezogen auf den Durchmesser), wobei die Einzugszonenlänge etwa der halben Schneckenlänge entspricht. Für die Selbsteinfärbung sollte die Schneckenlänge 22 D betragen, um eine optimale Verteilung des Farbpigments zu erreichen. Zur Optimierung der Homogenität können zusätzlich noch Mischelemente (statisch oder dynamisch) eingesetzt werden. Die Schnecken sind eingängig und mit einer konstanten Gangsteigung, die in der Regel 1 D beträgt, ausgeführt. Für eine problemlose Produktion bzw. ausreichende Qualität sollte der maximale Dosierweg auf 3 D begrenzt werden.
Einspritzdüse
Zur Verarbeitung von Luran können offene Düsen eingesetzt werden, jedoch haben Verschlussdüsen Vorteile, wenn mit erhöhtem Staudruck gearbeitet werden muss oder Fadenziehen vermieden werden soll. Für dickwandige Spritzlinge sind verlängerte Zykluszeiten erforderlich. Wird in solchen Fällen die Formmasse nicht restlos aus der Düsenbohrung entfernt, kann sie dort schnell abkühlen und beim nächsten Schuss zu Fehlstellen auf der Fertigteiloberfläche führen. Mechanisch oder hydraulisch betätigte Nadelverschlussdüsen haben sich hierbei als wirksam erwiesen. Der Druckverlust solcher Düsen ist allerdings nicht unerheblich.
Spritzguss
Anguss- und Werkzeuggestaltung
Zur Verarbeitung von Luran können alle üblichen Angussarten verwendet werden. Für die Werkzeuggestaltung gelten die entsprechenden Konstruktionsrichtlinien gemäß VDI 2006. Die Angüsse sollten die geeignete Größe aufweisen. Sind die Verteiler- und Anschnittquerschnitte zu klein, müssen Massetemperaturen und Spritzdrücke unnötig hoch eingestellt werden. Dies kann zur Folge haben, dass Schlieren auf den Formteiloberflächen oder Verbrennungen auftreten. Wenn die Schmelze im Anguss zu früh fest wird, treten Lunker und Einfallstellen am Formteil auf, weil die Volumenkontraktion der Schmelze während der Nachdruckphase nicht genügend ausgeglichen werden kann.
Entformungsschrägen
Eine einseitige Neigung von 1:100 bzw. 1:30 ist als Entformungsschräge ausreichend. Sind die Werkzeuge in Längsrichtung poliert, sind in günstigen Fällen Entformungsschrägen bis 1:10 möglich. Bei strukturierten Oberflächen muss die Entformungsschräge größer sein.
Verwenden von Einlegeteilen
Metalleinlagen können umspritzt werden. Sie sollten jedoch vor dem Einlegen in das Werkzeug auf 80 - 120 °C vorgewärmt werden, damit möglichst geringe Eigenspannungen auftreten. Eine gute Verankerung wird durch Rändelungen, Nuten oder ähnliches erreicht. Auf eine gute Abrundung der Metallkanten ist zu achten.
Werkzeugtemperierung
Schwindung und die mechanischen und thermischen Eigenschaften des Teils lassen sich in Grenzen mit der Werkzeugoberflächentemperatur beeinflussen. Höhere Werkzeugoberflächentemperaturen bewirken bessere Schweißnahtfestigkeiten und geringere Eigenspannungen und damit auch eine geringere Verzugsneigung. In der Praxis haben sich Werkzeugoberflächentemperaturen zwischen 40 und 80 °C bewährt. Selbst bei Werkzeugoberflächentemperaturen im oberen Bereich bieten die Luran-Produkte aufgrund ihrer hohen Wärmebeständigkeit den Vorteil, rasch zu erstarren. Dies ermöglicht kurze Kühlzeiten und somit wirtschaftliche Zykluszeiten. Wenn die Geometrie des Formteils es erfordert, kann eine separate Temperierung der beiden Formteilhälften (Kern, Gesenk) bei der Vermeidung von Verzug vorteilhaft sein.

Abb. 19: Schneckengeometrie – Begriffe und Abmessungen von 3-Zonen-Schnecken für Spritzgießmaschinen
Spritzgießparameter
Verarbeitungstemperatur
Luran-Typen werden in der Regel bei Massetemperaturen zwischen 210 und 260 °C verarbeitet. Zu bevorzugen ist der Temperaturbereich zwischen 230 und 250 °C. Wenn die Verarbeitung im oberen Temperaturbereich erfolgt, sind kurze Verweilzeiten einzuhalten, um eine Vergilbung bzw. Schädigung des Materials zu vermeiden. Die Massetemperatur sollte mit einem Einstichthermometer kontrolliert werden.
Schwindung
Die Verarbeitungsschwindung liegt im Allgemeinen zwischen 0,4 % und 0,7 %. Die Nachschwindung ist meist vernachlässigbar. Die Schwindung ist zwar in erster Linie eine Stoffeigenschaft, sie wird aber auch von der Form des Spritzlings und von den Verarbeitungsbedingungen beeinflusst. Daher kann die Schwindung in verschiedenen Bereichen eines Spritzlings sehr unterschiedlich sein. In Zonen, in denen beispielsweise ein hoher Nachdruck auftritt, können sogar Werte von 0 % erreicht werden.
Verzug
Verzug am Formteil wird durch Schwindungsunterschiede quer und längs zur Fließrichtung hervorgerufen. Durch unterschiedliche Temperierung einzelner Werkzeugpartien ( z. B. Kern und Gesenk ) können verzugsarme bzw. verzugsfreie Formteile hergestellt werden. So kann zum Beispiel dem Verziehen von Gehäusewänden nach innen durch niedrige Kern- und hohe Gesenktemperaturen entgegengewirkt werden.
Fließverhalten
Die Sortimentübersicht „Produktmerkmale, Anwendungen, Richtwerte“ enthält die MVR-Daten für die einzelnen Luran-Typen. Abbildung 20 zeigt das Fließverhalten von Luran 358 N und 388 S in Abhängigkeit von der Massetemperatur nach dem Spiraltest. Dieser Test ist nicht genormt, erlaubt aber einen Vergleich der Fließfähigkeit von Produkten gleichen Typs.
Spritzgießverarbeitung von glasfaserverstärktem Luran
Luran 378 P G7 kann unter ähnlichen Bedingungen auf Spritzgießmaschinen verarbeitet werden wie Luran ohne Glasfasern, d. h. die für die meisten Anwendungen empfohlenen Verarbeitungstemperaturen liegen zwischen 230 und 260 °C. Die Werkzeugoberflächentemperatur sollte nicht tiefer als 60 °C gewählt werden. Die Formschwindung beträgt im Allgemeinen zwischen 0,1 und 0,4 %. Bei der Konstruktion von Spritzgießwerkzeugen ist besonders im Hinblick auf Hinterschneidungen und Entformungsschrägen zu beachten, dass es sich bei Luran 378 P G7 um einen sehr steifen Kunststoff handelt. Wenn Luran 378 P G7 über einen längeren Zeitraum hinweg verarbeitet werden soll, empfehlen wir die Verwendung verschleißfester Plastifiziereinheiten.